Heulen oder Handeln? Der Krefeld Podcast

F29 Müssen wir solidarischer werden, Frau Franz?

Projekt MIK

Unser Gast: Sandra Franz, Leiterin der Krefelder NS-Dokumentationsstätte Villa Merländer
 
 „Wir sind ein Erinnerungsort für alle Opfer des Nationalsozialismus“, so beschreibt Sandra Franz die NS-Dokumentationsstätte der Stadt Krefeld in der Villa Merländer, die sie seit dem 1. März 2018 leitet. Wir sprechen mit ihr über die 1989 gegründete Institution und die sich wandelnden Anforderungen an die Erinnerungs- und Aufklärungsarbeit.
 
Stand anfangs vor allem die Erforschung der lokalen NS-Geschichte, einschließlich der Geschichte des jüdischen Textil-Seidenhändlers Richard Merländer, die Kontaktaufnahme zu NS-Opfern und ihren Familien und die Arbeit mit Zeitzeug:innen im Mittelpunkt der Arbeit der NS-Dokumentationsstelle, hat sich das Aufgabenspektrum 25 Jahre später verändert. Heute bilden Erinnerungs- und Bildungsarbeit den Fokus der Arbeit von Sandra Franz und ihrem Team. Und die ist wichtiger denn je seit in Deutschland ein erschreckendes Aufflammen des Antisemitismus, der Fremdenfeindlichkeit und des politischen Populismus wahrzunehmen ist. Aktuell wird die Ausstellung im Haus grundlegend neu gestaltet.

Sandra Franz studierte  Geschichte, sowie die jiddische Sprache und Literatur. Bevor sie die Leitung der Villa Merländer übernahm, arbeitete sie einige Jahre in der Mahn- und Gedenkstätte der Stadt Düsseldorf. „Der Antisemitismus war nie weg – wir haben nur gelernt, ihn nicht offen zu zeigen“, sagt sie. Aber das Gebot der alten Bundesrepublik, man sei nicht antisemitisch, breche zunehmend weg. Das sehen man nun ausgerechnet in der Kulturszene und im Wissenschaftsbetrieb, erst recht seit dem Überfall der Hamas auf Israel und das, obwohl hierzulande die Juden und Jüdinnen nur einen winzigen Bruchteil der Gesellschaft ausmachen. Aber, so Sandra Franz, „man braucht keine Juden für den Antisemitismus. Sie sind für manche einfach ein Feindbild, das die Welt erklärt.“

Themen: Die Geschichte der jüdischen Bürgerschaft und ihrer Gemeinde in Krefeld; das Aufkommen des Antisemitismus im 19. Jahrhundert; die Behandlung der NS-Geschichte in der Nachkriegszeit; Aufgaben und Ziele der NS-Dokumentationsstelle in Krefeld; Antisemitismus in Kultur und Wissenschaft; der neue Nahost-Konflikt; die Bedeutung von Bildungs- und Erinnerungsarbeit, die Arbeit der NS-Dokumenationsstelle.